19 March 2025

Freiheit = Kreativität = Zukunft

Zukunft, Kreativität und Freiheit – freies und kreatives Denken – gleich zu setzen, klingt vielleicht zunächst nach einer Provokation. Aber wenn Ich mir das einmal zu Gemüte führe, mich in diesen Zusammenhang hineindenke, dann wird bald klar, dass sie sehr eng miteinander in Verbindung stehen.

Fähigkeit Neues zu entdecken

Frage Ich nach der Zukunft, nach dem Neuen, nach Veränderung und Wandel, nach neuen Ideen und Innovationen, dann frage Ich eigentlich nach dem kreativen Denken. Ich frage nach einem Bewusstsein, das gestaltend und schöpferisch wirkt und sein kreatives Potenzial entfaltet – denn Kreativität ist ja die Fähigkeit des Menschen, etwas Zukünftiges hervorzubringen, etwas Neues zu schaffen, etwas, das es vorher so nicht gab. Kreativität passiert nicht nur in der Marketing- oder Designabteilung oder in den Köpfen einzelner Genies; die Vorstellung, dass Kreativität etwas mit Gehirnen, bunten Farben und Glühbirnen oder gar Zufall zu tun hätte, ist sowieso borniert. Kreativität bedeutet das geistige Potential des Menschen, seine individuellen Fähigkeiten. Zukunft und Kreativität verbinden sich, wenn kreatives Denken das Neue und Zukünftige entdeckt und entwickelt.


Befreiung von alten Vorstellungen

Dass kreatives Denken frei sein muss, also die Freiheit braucht, ist vielleicht schnell einleuchtend. Begrenzung durch feststehende Vorstellungen oder auch durch Profitinteressen sind meist hinderlich und widersinnig. Davon müsste man sich frei machen. Hier kommt nun also die Frage nach der Freiheit auf – und die Notwendigkeit, sich von dem Bestehenden und Bekannten zu befreien, um sich für etwas Neues zu öffnen. Ist es möglich, außerhalb der Grenzen bestehender Erfahrungen gute Ideen zu entwickeln? Ist es vielleicht sogar nur so möglich, weil die guten Ideen nicht der Willkür meiner Vorstellungen entsprechen, weil sie ihren eigenen Willen haben?


Im naiven Materialismus gibt es keine Freiheit

Viele Leute, die an den Materialismus glauben, behaupten, die Welt läuft seit dem Urknall durch Naturgesetze bestimmt auf den sinnlosen Kältetod hinaus. Die Konsequenz wäre, dass alles durch Naturgesetze (z.B. Mechanik, Energieerhaltung, Thermodynamik, Elektromagnetismus) vorherbestimmt, dass alles determiniert ist. Konsequenter Weise ist dann auch das, was Ich denke determiniert. Neue Ideen entstehen angeblich durch das »zufällige« feuern von Synapsen. Zufällig ist es aber nur, weil man noch nicht genügend Daten über die Materie gesammelt hat. Mit allen Daten – so stellt man sich das vor – könnte man auch das Ergebnis der Gehirnprozesse im Voraus berechnen. In dieser Materie-Welt kann durch »m-ich«, durch mein »Ich« nichts neues entstehen – es gibt keine Freiheit und auch keine Zukunft.

Naiver Materialismus ist eine philosophische Position, die davon ausgeht, dass die physische Welt die einzige Realität ist und alles, was existiert, materieller Natur ist. In diesem Ansatz wird angenommen, dass Bewusstsein, Gedanken und Gefühle letztlich auf materielle Prozesse, wie z.B. neuronale Aktivitäten im Gehirn, zurückzuführen sind. Die Bezeichnung »naiv« weist darauf hin, dass diese Sichtweise oft nicht die Komplexität oder die unterschiedlichen Dimensionen des menschlichen Erlebens berücksichtigt.


Die Zukunft ist keine Hochrechnung der Vergangenheit

Dieser naive Materialismus wirkt aber bis in die Wirtschaft und die Unternehmen hinein, indem man sich vorstellt, die Zukunft sei eine Verlängerung, eine Hochrechnung der Vergangenheit. Man müsse nur genügend Daten über das was aus der Materie geworden ist sammeln, um zu kalkulieren, was werden wird. So wird es jetzt mit der Künstlichen Intelligenz gemacht und wenn man etwas genauer hinschaut, sieht man, dass dieser »statistische Papagei«, doch nur das erzeugt, was es vorher schon gab. Das allerdings in beeindruckender Geschwindigkeit und Vielfalt.


Kreatives Denken wirkt dem Kältetod entgegen

Aber, der Zukunft komme Ich nicht durch Empirie, sondern durch Erkenntnis näher, wie Götz Werner, Gründer der Drogeriemarkt-Kette »dm« und Milliardär, treffend formulierte:

Denn bei allem, was wir tun: Worauf kommt es dabei an? Auf die Zukunft! Und eben nicht auf die Verlängerung des Erfahrenen. Nur ein Bürokrat handelt aus der Vergangenheit heraus. Der unternehmerisch veranlagte Mensch fängt immer neu an. Er handelt auf Grundlage von heute und dem, was er aus der Zukunft antizipiert – gestärkt mit den Fähigkeiten, die er in der Vergangenheit entwickelt hat. Mit der Empirie erfasst man die Vergangenheit, mit der Evidenz bewältigt man die Zukunft. Wir bewegen uns durch die Welt, machen unsere Erfahrungen und ziehen daraus irgendeine Erkenntnis. Die Erkenntnis versucht man abzusichern, dann fühlt man sich sicher und geht weiter. Der Weg führt zu einer neuen Begegnung, man entdeckt ein Interesse an der Sache und hat dann eine Intuition. Diese Intuition sagt einem: Jetzt musst du hier weitergehen! Das ist kein Empirieerlebnis; das ist ein Evidenzerlebnis. Die Evidenz verschafft mir Erkenntnis. Man handelt nicht aus Erfahrung, sondern aus Erkenntnis.

Eine Erkenntnis ist also eine Neuigkeit in meinem Bewusstsein. In dem Moment, in dem mir eine neue Idee, ein neuer Gedanken ein neuer Begriff bewusst wird, ist die Welt nichtmehr dieselbe wie zuvor – denn zumindest Ich bin jetzt einen Schritt weiter. So wirke Ich durch mein kreatives Denken dem Kältetod entgegen, mein Denken wirkt in die Welt und lässt sie warm und lebendig werden.


Die Grenzen der Realität erweitern

Des weiteren, gibt es noch einen grundlegenden Zusammenhang von Kreativität und Freiheit: Wenn nämlich durch freies und kreatives Denken etwas wirklich Neues erfunden wird, dann wird dieses Neue, wenn es verwirklicht wird, die Grenzen der bestehenden Realität erweitern.

Zum Beispiel hat die Erfindung der Schmelzung von Malachit und der Legierung von Bronze die Menschen von den Begrenzungen des natürlich vorkommenden Kupfers befreit – Bronze ist härter, leichter zu verarbeiten und leichter verfügbar. Die Erfindung des Mikrochips bedeutete ebenfalls eine große Befreiung von materiellen Begrenzungen. Röhrencomputer, die in den 1940er und 1950er Jahren ganze Häuser füllten, konnten auf die Größe eines Fingernagels und einer Nadelspitze reduziert werden. Die für uns heute selbstverständlichen Rechenleistungen von Computern, wären mit Röhren schon wegen des Platz- und Materialverbrauchs unmöglich gewesen. Computer befreien uns heute überall von eintöniger Verstandesarbeit, wenn wir sie vernünftig benutzen. Und die Computer sind zu hervorragenden Werkzeugen geworden, die es vielen Menschen erlauben, ihre Ideen in Wort, Bild und Ton zu verwirklichen und mit der ganzen Welt zu teilen. Mit dem Konzept der »Transmutation«, wird die Befreiung von den Grenzen der Materie auf die Spitze geschrieben. Es wird daran geforscht, jedes Element aus dem Periodensystem in Bioreaktoren in ein anderes Element umwandeln zu können. Man könnte dann aus Wasser Wein oder aus Exkrementen Gold machen. Würde eine solche Technologie verwirklicht, gäbe es keine Ressourcen-Knappheit mehr.

Diese Art von großen und kleinen entgrenzenden Erfindungen finden tagtäglich in den modernen Produktions- und Wertschöpfungsprozessen statt, weil hier die vielfältigen Fähigkeiten, die Kreativität, von Tausenden und Millionen von Menschen – zeitfrei, über die Grenzen von Vergangenheit und Zukunft hinweg – miteinander verwoben werden.


Freiheit ist keine Willkür,
sondern Verantwortung für die Zukunft

Freiheit bedeutet deshalb nicht bloße Willkür, sondern Verantwortung für die Menschheitsentwicklung und die Zukunft der Schöpfung. Freiheit bedeutet, meine ganz eigenen und besonderen Fähigkeiten aus Liebe zu diesem Weltbildungsprozesses zu verwirklichen. Diese selbstverantwortliche »kreative Freiheit« bewirkt Fortschritt, also sich von den Grenzen der Realität, der Materie und der natürlichen Ressourcen befreien zu können und weitere Bewusstseinsqualitäten, eine neue Kultur, zu entwickeln. Der ungarisch-österreichische Wirtschaftshistoriker und Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler Karl Polanyi schrieb dazu in seinem 1944 erschienen Buch »Die große Transformation«:

Die Freiheit in diesem Sinne ist nicht der letzte, sondern der erste Zweck der Kultur; sie ist ihr Urquell. Ohne Freiheit gibt es keine Kultur. Aber Freiheit kann nicht erreicht werden, indem man sie als Ziel wählt. Sie wird in der Tat nur dann erreicht, wenn sie als notwendiges Ergebnis der Einhaltung menschlicher Solidarität und der Integration des Bewusstseins in den Organismus der Gesellschaft verstanden wird.