Was bedeutet der Unterschied zwischen Spezialwesen und Universalwesen – zwischen Tier und Mensch? Was hat dieser Unterschied mit Kreativität zu tun? Wieso ist der Mensch auf rätselhafte Weise zur Freiheit gezwungen?
Disclaimer: Glauben Sie nichts, denken sie selbst – Versuchen Sie ihre Meinungen, Vorurteile und Widerstände für einen Moment zurückzustellen – Versuchen sie sich mit den hier beschriebenen Begriffen und Ideen zu verbinden – Versuchen sie es auszuhalten, dass in diesem Text mehr interessante Fragen aufgeworfen, als langweilige Antworten gegeben werden – Vielen Dank!

Verkörpern eigener Kreativität
Kreativität bedeutet die Fähigkeit des Menschen, etwas Neues zu erschaffen, zu erzeugen, zu erfinden oder auch zu schöpfen. Der kreative Mensch kann seine eigenen Ideen, seine Fähigkeiten, seine Einfälle und Erfindungen bewusst entwickeln und willentlich verwirklichen. Verwirklichen bedeutet, die Kreativität wird auf die Erde gebracht, sie wird zur Realität. Ich entscheide mich meinen Einfall, meine Idee, die Ich entwickelt habe aus meinem Inneren heraus nach Außen umzustülpen und in die Tat umzusetzen – so verkörpere Ich meine eigene Kreativität.
Von Natur aus nicht spezialisiert
Kreativität zu verkörpern, also in die Tat umzusetzen, dazu ist der Mensch herausgefordert – schon allein durch seine körperliche Form. Im Gegensatz zu den Pflanzen und Tieren ist der Mensch nämlich nicht von Natur aus spezialisiert. Die Tiere haben sehr spezialisierte Körperformen und Fertigkeiten, die an ihre jeweiligen Lebensumstände und Umgebungen angepasst sind. Tiere können deshalb nur in den Umgebungen überleben, für die sie von der Natur gemacht sind. Insofern sind Tiere – entgegen der verbreiteten Meinung – nicht frei, denn sie müssen so spezialisiert leben, wie es ihnen die Natur vorgibt. Der Mensch hat eine solche Spezialisierung nicht: Er hat keine auf bestimmte Umweltbedingungen spezialisierte Körperbehaarung, keine auf pflanzliche oder tierische Nahrung spezialisierte Verdauung, keinen besonders auf Schnelligkeit oder Kraft spezialisierten Bewegungsapparat, keine Augen die im Dunkeln besonders gut sehen oder Ohren die besonders gut hören.
Der aufrechte Gang
Der Mensch hat mehr eine universelle Körperform, die nicht auf bestimmte Lebensbedingungen festgelegt ist. Für diese Verfassung des Menschen spielt der aufrechte Gang eine besondere Rolle. Aufrecht gehend sind die Hände frei, um meine Kreativität in die Tat umsetzen zu können. Mit den Händen kann Ich virtuos Geige spielen oder direkt in der Erde wühlen, um Kartoffeln zu pflanzen – Hände sind ganz universelle und filigrane »Werkzeuge«, weshalb es auch so schwer ist Roboter mit menschenähnlichen Händen zu bauen.
Durch den aufrechten Gang greife und tue Ich mit den Händen, was Tiere mit dem Maul tun müssen. Damit wird mein Maul zum Mund, denn jetzt habe Ich den Mund frei, um zu sprechen, mich auszudrücken und zu verständigen, mit anderen Menschen zu kommunizieren. Mit dem Sprechen verbunden ist das Denken, durch das Ich nicht nur die Bedeutung der Worte begreife, sondern selbst neue Gedanken hervorbringe. Das Gehen auf zwei Beinen befreit also die Hände, mit denen Ich jetzt handeln kann. Das Handeln mit den Händen, befreit meinen Mund, mit dem Ich jetzt sprechen kann. Und das Sprechen befreit meinen Geist, mit dem Ich jetzt selbst denken und kreativ sein kann.
Aufrecht stehe Ich zwischen Himmel und Erde, zwischen der Welt der Ideen und der Welt der Tatsachen, zwischen dem Zukünftigen und dem Bestehenden – Ich bin Bürger zweier Welten.
Natur und Kultur
Überall kann Ich beobachten, dass alle natürliche Spezialisierung die dem Menschen fehlt, durch Kreativität, die sich in kulturellem, wissenschaftlichem und technischem Fortschritt zum Ausdruck bringt, erreicht und übertroffen wird: Um die nicht spezialisierte Körperbehaarung auszugleichen hat der Mensch zum Beispiel die Kleidung, die Wohnung, die Heizung, die Kühlung erfunden; Um den nicht spezialisierten Bewegungsapparat auszugleichen hat der Mensch das Rad, die Rollschuhe, das Fahrrad, den Taucheranzug, das Automobil, das Schiff, das Flugzeug und viele andere Fortbewegungsmittel erfunden; Um die nicht spezialisierte Verdauung und seine begrenzte Jagdfähigkeit auszugleichen hat der Mensch die Jagdwaffen, die Landwirtschaft, das Kochen oder die Konservierung erfunden; Um die nicht spezialisierten Sinnesorgane auszugleichen wurden Erfindungen wie Brillen, Ferngläser, Kameras, künstliches Licht, Mikroskope, Stethoskope, Teleskope, Mikrofone und vieles vieles mehr gemacht. Der Mensch erweitert durch seine kreative Fähigkeit, das, was von Natur aus gegeben ist und schafft so die Kultur.
Rätselhafte Freiheit
Dem Menschen wird also von Natur aus nichts vorgegeben – er ist frei zu sein was er will und, um das zu schaffen hat er die Fähigkeit zur Kreativität. In diesem Verhältnis zur Natur – nämlich das die Natur dem Menschen nicht vorgibt was, wie und wo er zu sein hat – besteht aber gleichzeitig ein Zwang oder eine Bestimmtheit: um überhaupt existieren zu können, muss der Mensch seine Kreativität und damit seine Freiheit betätigen. In den meisten Regionen auf unserem Planeten wäre ein Überleben ohne Kreativität und die daraus hervorgehenden künstlichen Produkte nicht möglich.
Der Fortschritt befreit aber den Menschen von leiblicher Begrenzung und Notwendigkeit. Diese Befreiung schafft Freiraum und Freizeit, womit sich aber die Frage stellt, wie dieses jetzt entstandene Vakuum gefüllt werden muss. Wenn das Überleben einmal geregelt ist, dann kann es nicht um private Bequemlichkeit oder persönlichen Nutzen gehen, sondern dann muss es darum gehen, die eigenen Fähigkeiten immer weiterzubilden, um zur Entwicklung des Ganzen einen sinnvollen Beitrag zu leisten. Die Natur will durch die Kultur des Menschen sinnvoll erweitert werden – in dieser Aufgabe liegt ein besondere Verantwortung für die Schöpfung.
Der Mensch ist also zur Kreativität gezwungen – er ist zur Freiheit bestimmt. Diese natürliche Bestimmung zur Freiheit ist rätselhaft und paradox.

Zukunft gestalten, in der globalen,
individuellen und sozialen Sphäre
Der Freiheitsprozess für zukunftsfähiges Wirtschaftsdenken zeigt, für die Sphäre der Weltwirtschaft und Weltgesellschaft, an wechen Begriffen wir uns orientieren können, um der großen Aufgabe, Natur und Kultur sinnvoll und nachhaltig weiterzuentwickeln, gerecht zu werden. Für diesen Prozess ist die spirituelle Ich-Entwicklung eine wichtige Voraussetzung, weshalb der Freiheitsprozess diese individuelle Sphäre mit der globalen Sphäre anschaulich verbindet. Und selbstverständlich gestaltet nicht ein Mensch allein die Zukunft, sondern dass tun Menschen immer gemeinsam, indem sie zusammen etwas unternehmen. Deshalb ist die soziale Sphäre, das »Unternehmen der Zukunft«, zentraler und integraler Bestandteil des Modells vom Freiheitsprozess.