Die Überwindung des Egoismus, ist nicht durch die Rückkehr in ein kollektivistisches »wir«, sondern nur durch die Entwicklung des individuellen »Ich« bis hin zum schöpferischen »JCH« möglich. Wird das »JCH« als kreatives und selbstverantwortliches Selbst erfahrbar, ist ein inneres Verständnis vom eigenen Lebenssinn möglich – dieser verbindet den einzelnen mit dem ganzen, mit dem neuen »Wir«. Nicht vom ich zum wir, sondern vom Ich zum Ganzen ist die Lösung.
Disclaimer: Glauben Sie nichts, denken sie selbst – Versuchen Sie ihre Meinungen, Vorurteile und Widerstände für einen Moment zurückzustellen – Versuchen sie sich mit den hier beschriebenen Begriffen und Ideen zu verbinden – Versuchen sie es auszuhalten, dass in diesem Text mehr interessante Fragen aufgeworfen, als langweilige Antworten gegeben werden – Vielen Dank!
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Das alte »wir« ist gegen die Freiheit gerichtet
Das Gerede von Gruppe, Gemeinschaft und »wir« erscheint mir als Sentiment, als eine Sehnsucht nach dem Kollektiv, das mich stärken, tragen, nähren und wärmen soll. Aus einem solchen Kollektiv ist man (»man« ist das noch nicht aus der Gruppe heraus entwickelte »ich« oder das sich in die Gruppe zurück-verwickelnde »ich«) innerhalb dieses Lebenslaufes herausgekommen: aus der Familie. Deshalb kann man sich auch gut daran erinnern. Das Klischee vom Vater, der mahnt: »Solange Du Deine Füße unter meinen Tisch stellst, machst Du, was wir sagen!« macht aber klar: Freiheit? Fehlanzeige! Das gilt für jedes »wir«, denn das Kollektiv fordert immer, das eigene ich anzupassen, einzufügen, zurückzustellen, zu funktionieren und zu gehorchen.
Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war?
Der Freiheitsprozess führt mich aber zunächst raus aus allen Gruppen-Zusammenhängen, aus der Normalität, den Traditionen, den Systemen, hinein in mein eigenes Ich-Bewusstsein, dass erstmal ein Ego ist. Ein »ich« als Subjekt, dass dem »du« als Objekt gegenübersteht. Ein Bewusstseinszustand, der getrennt vom «wir» und vom Rest der Welt, sein Persönliches entwickelt.
Das Ich muss lernen, eigene Urteile und Entscheidungen zu treffen – ganz allein! Selbstverantwortung? Wie unbequem, denn jetzt gibt es kein »wir« mehr, auf das Ich die Verantwortung abwälzen kann. »Das macht man halt so«, »Anweisung von oben« geht nicht mehr. Jetzt muss Ich selbstverantwortlich werden, was bedeutet, ich muss die Antworten aus mir selbst heraus geben.
Die Vorstellung des Ego vom »wir« ist asozial bis tödlich
Am Anfang merkt dieses Ego meist nicht, wie asozial dieses alte »wir« ist, von dem es ständig faselt. Es ist nämlich asozial, wenn ich von »wir« rede und dabei andere Leute ungefragt vereinnahme, weil ich meine, meine Angelegenheit wäre eine tolle Sache.
Es ist auch asozial bis tödlich (und undemokratisch), starke Gruppen, große Mehrheiten, mächtige Parteien gegen andere Gruppen, Mehrheiten, Parteien aufzubringen, die dann auf dem Spiel- und Schlachtfeld der Flachwelt (auf der Erdoberfläche des materialistischen Weltbildes) um ihre Meinungen, »Wahrheiten«, Positionen, Identitäten, Territorien kämpfen, um sich am Ende – wenn man nicht zur Vernunft kommt – gegenseitig in den Abgrund zu reißen.
Ich muss in den Blödsinn reinkommen,
um dann wieder rauszukommen
Aber dieser ganze Blödsinn ist nicht sinnlos, denn er gehört zum Freiheitsprozess dazu. Es gehört dazu, in das Ego-Bewusstsein reinzukommen. Wenn ich dann aber merke, wie blödsinnig das alles ist, was ich da mache, dann ist die Frage: Wie komme ich da wieder raus? Ich komme da eben nicht im Rückwärtsgang, also vom »ich« zurück zum »wir«, raus. Das klappt nicht. Entwicklung geht immer vorwärts, aufwärts: hin zum «JCH» und dadurch werde ich zum Ich. Ich werde zu dem Ich, dass zwischen ich und JCH, bewusst, gegenwärtig und selbstbestimmt ist.
Anfangen aufzuhören und Wärme ins Denken bringen
Das JCH, mein höheres Selbst ist ein Ideal, mein zukünftiges, wesentliches, schöpferisches, geistiges Innenleben. Das JCH ist die Idee von mir selbst und die kann Ich nur erkennen, wenn Ich mir einen Begriff davon mache. Einen Begriff kann Ich mir davon machen, indem Ich mal anfange aufzuhören! Ich kann mal anfangen mit dem Wir-Gedöns und dem Ego-Quatsch aufzuhören, und stattdessen auf das zu hören, worüber mein JCH mich informieren will.
Also klar gesagt, fange Ich erstmal an zu denken, denn ohne Denken geht es nicht. Das Denken ist die Fähigkeit, die es mir ermöglicht, ein Bewusstsein vom JCH, meine Zukunft, meine Idee, meinen Lebenssinn zu entwickeln.
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Abbildung: »Wer nicht Denken will, fliegt (sich selbst) raus!«
— Joseph Beuys
Von erhitzten Gemütern zur Wärme im Denken
Das Denken abzulehnen, weil es angeblich kalt und starr ist, ist keine Lösung! Kalt und starr ist es nämlich bloß, weil ich selbst die ganze Wärme irgendwo tief unten gestaut habe. Zur Lösung ist es deshalb manchmal notwendig, die Reibungswärme aus dem eigenen erhitzten Gemüt heraufzuholen: in das Denken. Diese viele Bewegungsenergie, die da bewusstlos in der Gefühlsduselei der Herzen herumwabert, muss Ich mal in den Kopf kriegen, um die Wärme und Bewegung in das eigene Denken zu bringen.
Durch den Kopf, durch die Mitte wird die Außenwärme zur Innenwärme. Sie wirkt dann anziehend auf das Wesentliche, welches mir endlich (darauf wartet das JCH schon längst) Informationen über seinen Sinn bewusst werden lässt. Je klarer meinem Ich dieser Sinn wird, desto mehr kann Ich mein ich (das Ego) in den Dienst dieser einzigartigen Idee stellen und es kann mit dem Blödsinn aufhören und anfangen etwas Sinnvolles zu tun.